Endlich Texte! Workshop 4: Textsprechen

Die Freude aufs Sprechen und das Stirnrunzeln über so viele Regeln
von Katrin Boers
Neues Jahr, neuer Workshop. Nummer vier im Rahmen der Sprecherausbildung Mediensprechen 16/2. Leider ist unsere große Gruppe kurzzeitig empfindlich eingeschrumpft – die Krankheitswelle ist Schuld. Das heißt, dass jede/r angehende Sprecher/In noch mehr Aufmerksamkeit durch Trainerin Julia bekommt. Die Schauspielerin hat sich auch schon sehr auf uns gefreut und gemeinsam dehnen wir uns aufs Äußerste – ohne Warmup geht nie wieder was.
Als alle warm, gelockert und bereit sind, gibt uns Julia auch etwas Theorie mit. Wir sprechen ja nicht für uns allein, der Hörerbezug ist wichtig. Was ist das überhaupt? Wir wollen nicht einfach nur vorlesen, sondern uns in den Dienst des Textes stellen. Doch das ist gar nicht so einfach. Alle suchen sich aus Julias großem Textfundus ihren Lieblingstext aus. Dann wird nacheinander gelesen. Wir spüren, dass wir eigenes Erleben in die Art einfließen lassen können, wie wir den Text lesen und auch Entscheidungen treffen müssen, damit der die Worte bei den anderen wirklich ankommen. So entführen uns die Texte auf ein Piratenschiff, auf eine sonnendurchflutete Blumenwiese, in eine Küche im Nachthemd und barfuß in die Vergangenheit.

Der zweite Workshop-Tag wird von Trainerin Lilian begleitet. Sie zeigt uns in einem intensiven Warmup, dass Sprechen fast keinen Atem braucht und dass wir mit unserem Atem, Bilder an die Wand malen können. Ja, Bilder von roten Schiffen auf tanzenden Wellen. Danach geht es theoretisch weiter. Es gibt jede Menge Aussprache- und Betonungsregeln. Puh, je länger wir drüber nachdenken, um so schwieriger wird es. Mit diesem Wissen dürfen wir wieder an Texte. Doch die haben es in sich. Die meisten sind Bandwurmsätze, die sich gerne über sechs oder mehr Zeilen erstrecken. Da muss der Sprecher erst mal verstehen, worum es in jeder Einzelheit geht, um es dem Hörer verständlich präsentieren zu können. Das ist kein reines Vorlesen – das ist schon viel mehr und fordert Schweiß und Konzentration. Aber die Mühe lohnt sich, als der Halbkreis applaudiert.
Die Grundlagen sind da. Modul 1 der Ausbildung ist schon zuende.