Sprecherausbildung Mediensprechen

Von steppenden Zungen und Schmetterlingen der Weisheit

Dritter Workshop: Sprechtechniken

von Katrin Boers

 

Flexibel im Kopf und in unseren Handlungen zu bleiben – auch das lehrt die Sprecherausbildung Mediensprechen so quasi nebenbei. Zu Beginn des Workshop-Wochenendes lagen morgens die ersten Matten anders, als bei den vorherigen beiden Malen. Trainerin Lilian meinte nur weise: "Die Mitte ist auch nicht anders als der Rand." Also rauf auf die Matte, atmen, dehnen, seufzen und den Atem frei fließen lassen. Wie schön, dass alles schon so viel einfacher ist, als noch in den erst Stunden. Lilian leitete uns durch Warmups, um uns für Artikulation und Sprechtechniken aufzuwärmen und geschmeidig zu machen.


Danach wandten wir uns einem von vielen eher stiefmütterlich behandelten Körperteil zu, der Zunge. Immer da, aber nie so richtig bewußt, außer wir beißen drauf oder verbrennen sie uns. Im Workshop sollten wir sie herausnehmen. Jeder bekam eine sterile Kompresse und so viele Taschentücher, wie er oder sie brauchte. "Es kann eine feuchte Angelegenheit werden", warnte uns Lilian zu Beginn. Leichte Nervosität breitete sich aus, aber alle legten die Kompresse um die Zunge und dann wurde gedehnt, gezogen und abgelegt. Das verursachte jede Menge Speichelfluss, aber wir sind ja unter uns. Nachdem die Zungen wieder in die Münder durften, war das Gefühl des Sprechens unglaublich befreit. Die entfesselten Zungen steppten in unseren Mündern und machte uns klar, welche Fähigkeiten in den Zungen stecken.


Bei Laut- und Klangübungen hörten wir uns bei "dssss" an, wie Elektrobohrer oder eine ganze Beatbox. Bei einer Partnerübung, die wir Rücken an Rücken machten, suchten wir Körperstellen: "Wo ist der Kreuzbein?" Als wir es gefunden hatten, schoben wir einander auf "wwwwwws" durch den Raum. Wir erfuhren, in welche Richtung sich unser Zwerchfell bewegt und wie Handbewegungen es unterstützen können. Oder wie Finger im Gesicht den Klang eines Vokals verändern können, seltsam, aber wahr. Erkenntnisse, Spaß und ein klein bisschen Überwindung gehören zu jedem Workshop, aber alle sind froh, wenn sie es einfach tun. Wenn es alle machen, ist sogar "Zungefesthalten" nicht peinlich und es bringt so spannende neue Erlebnisse. Auch Theorie gehörte zu diesem Workshop. Wie spricht man offenen und geschlossene Vokale? Dem ein oderen anderen wurde klar, dass er je nach Dialekt, jahrelang falsch lag. Auch, dass es "Könich" heißt, und nicht "Könick" – puh. Viel Input. Teilnehmer Sebastian formulierte seine Erlebnisse so: "Ich breche aus meinem Kokon der sprachlichen Unwissenheit aus." Wir hörten uns auch verschiedenen Tonbeispiele an und lernte, wie wir Sprache und die Stimme beschreiben können: "Das war gut!" ist zwar ein Lob, hilft dem Sprecher aber nicht weiter. Außerdem merkten wir, warum uns manche Arten zu sprechen gefallen und andere nicht. Mit vollen Köpfen, durchgeatmeten Lungen und langen, beweglichen Zungen ging auch dieser Workshop am Sonntagnachmittag zuende.